Da war es wieder. Dieses Gefühl. Dieses Gefühl, dass Menschen schweben lässt. Dieses Gefühl, dass Menschen sterben lässt.
Niemand kann sich gegen dieses Gefühl zur Wehr setzen. Auch er nicht.
Er versuchte, nicht zu leiden. Es gelang ihm nicht ganz. Noch zu gut war ihm seine letzte Liebe im Gedächtnis. Dieser Wahnsinn, der sie damals beide erfaßt hatte. Und das Ende.
Und nun… Wie hieß das bei Monopoly: Gehe zurück auf START! Oder so ähnlich. Wieder alles von vorn? Nur die Personen ausgetauscht?
Er war ein neuer Mensch geworden. Kein Partyhengst mehr, der nur sich selbst sah. Der Mittelpunkt des Universums.
Dann kam sie. Und alles war plötzlich anders. Alles war plötzlich unwichtig. Es gab nur noch sie. Und nur noch ihn. Er fand seine Fantasie wieder. Er wurde wieder zum Teenager, oder vielleicht sogar beide, obwohl sie immer diejenige war, die einen kühlen Kopf bewahren wollte (Was nicht immer gelang).
Und dann dieser Sturz. Buchstäblich ins Schwarze. Zu früh gefunden. Aufgewacht. Schmerzen. Höllenqualen. Die Seele brannte. Und das Herz.
Eine kleine Ewigkeit hatte es gedauert. Süchtig war er gewesen. Der Entzug war grauenhaft. Eine kleine Ewigkeit lang.
Und dennoch. Er fand den Weg zurück an die Oberfläche. Aber er war anders. Zurückhaltend. Freundlich zu jedem. Jedem Streit aus dem Weg gehend (Wozu Streit. Doch nur vergeudete Zeit!). Fast nur noch aus Gefühl bestehend. Offene Seele, offenes Herz. Schwer zu verbergen. Schneckenhaus-Syndrom. Sich nicht zu weit vorwagen, um nicht verletzt zu werden. Und immer auf der Suche. Nach Liebe.
Sie kam. Und wie immer ohne Vorwarnung. Völlig unvorbereitet war er in die Falle getappt. Erst war es ein Gefühl der Unruhe. Dann des Glücks. Dann wieder Angst. Ein ständiges Auf und Ab. Und da wußte er es. Rauschzustand.
Und wie immer kam der Kater nach dem Rausch. Und dennoch kann der Süchtige nicht ablassen. Und wieder ein Kater.
Erste Verabredung. Zweite Verabredung. Er schoß zu schnell. Zu schnell. Viel zu schnell. Brachte sie an den Rand ihrer Gefühle. Chaos.
Gewollt hatte er das nicht. Viele Gesten, Reaktionen falsch gedeutet. Aber wie sagt ein platter Spruch: Wenn das Herz spricht, ist der Kopf ausgeschaltet.
Vorsichtig, langsam, leise mit ihr umgehen. Einfach nur da sein. Sie nicht verlieren. Kein Konzept, keinen Plan haben und umsetzen. Keine Strategie! Einfach nur da sein.
Sie verabredeten sich zum Schwimmen. Morgens starker Wind und ein paar Regentropfen. Schon glaubte er, der Tag wäre gelaufen. Doch sie bestand auf der Fahrt zum Baggersee.
Wie auf Kommando verschwanden die Wolken. Als würde die Sonne ihre Gegenwart begrüßen, erschien sie am Himmel.
Die Ferien waren zu Ende und nur wenig Menschen am Badestrand. Sie fanden einen idealen Platz zum lagern und nach kurzer Zeit tummelten sie sich im Wasser.
Ein großer Stein ragte an einer Stelle aus dem See. Sie steuerten ihn an und kletterten hinauf. Legten sich in die Sonne. Übermütig sprang er wieder ins Wasser. Ließ sich auf dem Rücken liegend treiben, sah sie da liegen. Wie eine Göttin.
Er vergaß zu schwimmen, vergaß alles, sah nur sie. Merkte nicht, daß er unter Wasser sank. Schluckte Wasser als er einatmeten wollte.
Ob sie ihn beobachtet hatte, oder einfach zufällig zu ihm hinüber gesehen hatte, wußte sie später nicht. Mit einem mächtigen Satz sprang sie ins Wasser. Bekam ihn zu packen und irgendwie gelang es ihr, ihn an die Oberfläche zu zerren. Langsam, unter Aufbietung all ihrer Kräfte schaffte sie ihn an Land.
Legte ihn in die passende Lage und versuchte das Wasser aus seinen Lungen zu bekommen. „Bleib!“ flüsterte sie. „Bitte bleib!“.
Mit einem Ruck schlug er die Augen auf. Spuckte Wasser und hustete. Sah sie an und erkannte Sie. „Ich wollte nicht gehen“.